Was ist das, emotionale Erschöpfung?
Trennung, sehr unschön und böse. Gleichzeitig den Job verloren.
Ich war frisch in Köln, kannte kaum jemanden wirklich gut, und fast alle, die ich kannte, hatte ich über ihn kennengelernt. Es waren seine Freunde. Mit denen wollte, konnte ich nicht reden.
Und natürlich wollte ich auch keine Schwäche zeigen. Schon gar nicht so allein wie ich war.
Die Miete, die wir vorher zu zweit gestemmt hatten, durfte ich plötzlich alleine mit Arbeitslosengeld wuppen. Ganz ehrlich, es war kaum machbar. Mein System hat irgendwann einfach dichtgemacht. Schockstarre. Körperlich, mental, emotional. Wochenlang.
Ich hab trotzdem weiterfunktioniert. Weil irgendwer’s ja muss, oder? Aber innerlich war da nur noch Leere.
Emotionale Erschöpfung, den Begiff kannte ich noch nicht mal.
Damals kannte ich das Wort emotionale Erschöpfung nicht. Ich dachte, ich bin einfach zu schwach. Zu unfähig. Hab versagt. Ich hab mich so geschämt dafür.
Heute weiß ich: Das war keine persönliche Schwäche. Das war ein Aufschrei meines Systems.
Warum sind eigentlich so viele Frauen so erschöpft – obwohl sie scheinbar alles im Griff haben? Warum brennen wir nicht mit einem Knall aus, sondern verlöschen leise – und machen trotzdem weiter?
Ich glaube, weil wir trainiert sind zu leisten.
Zu lächeln. Zu retten.
Weil wir gelernt haben, uns selbst erst dann wichtig zu nehmen, wenn alle anderen versorgt sind.
Aber das hier ist kein Marathon. Es ist dein Leben. Und es ist nicht dafür da, es irgendwie durchzuhalten, nur um alles andere zusammenzuhalten.
Emotionale Erschöpfung ist nicht einfach Müdigkeit. Sie ist das Gefühl, innerlich leer zu sein. Keine Lust mehr zu haben, mit Menschen zu interagieren. Dieses Ziehen im Bauch: „Ich kann nicht mehr, aber ich muss wohl.“
Und das Schlimmste daran? Du funktionierst weiter. Du wachst auf, ziehst dich an, gehst zur Arbeit, beantwortest Mails, machst Abendessen – aber du bist nicht mehr wirklich da.

Ich weiß, wie sich das anfühlt. Und ich weiß, wie sehr man sich dafür schämen kann. Dabei ist genau das der Moment, in dem du dich am meisten ernst nehmen solltest.
Nicht mit dem Ziel, sofort wieder zu funktionieren. Sondern um überhaupt wieder zu spüren, was du brauchst.
Ich hab damals gedacht, ich muss das allein hinkriegen. Hilfe suchen? Kam mir nicht in den Sinn. Ich wollte nicht zur Last fallen. Nicht auffallen. Nicht falsch sein.
Heute weiß ich: Hilfe holen ist keine Schwäche. Es ist radikale Selbstverantwortung.
Was mir geholfen hat damals…..
war nicht die große Wunderlösung. Kein Drei-Wochen-Retreat auf Bali. Sondern ein Moment der Ehrlichkeit. Eine Minute, in der ich mir erlaubt hab zu sagen: Ich weiß grad nicht weiter. Ich kann nicht mehr. Und das ist okay.
So banal das klingen mag, das war mein Anfang. Mein MiniRuhepol damals.
Vielleicht brauchst du ja auch erstmal nicht den Masterplan sondern Bodenhaftung?
Versuchs mal mit der 5-5-5 Atmung, einfach um wieder denken zu können.
5 Sekunden einatmen, 5 halten und 5 ausatmen. 1-2 Minuten lang. Kein Zauber, keine fix und fertig Lösung die alles heilt. Ein Anfang. Hier gibt es noch andere kleine Übungen die helfen.
Oder du nimmst dein Handy, schickst einer Freundin eine Nachricht. Ohne Maske, ohne Fassade. Einfach nur ein ehrliches: „Hey, ich bin grade echt durch.“
Du mußt es nicht erklären, nichts beweisen. Du darfst auch einfach mal du sein.
Und wenn wie bei mir damals niemand da ist, es gibt Menschen die zuhören. Auch Fremde. So merkwürdig es klingt aber die Telefonseelsorge ist da echt klasse. Oder eine Gruppe wie das Café Ruhepol.
Das hat nichts mit Schwäche zu tun, wir alle brauchen gelegentlich Hilfe. Weil wir Menschen sind. Und das ist völlig ok so.
Auch wenn es lächerlich klingt wenn dir eine Fremde das sagt, ich machs trotzdem:
Du darfst müde sein. Du darfst Hilfe brauchen. Und du darfst dich trauen nicht alles alleine wuppen zu wollen.
Vielleicht beginnt echte Stärke genau da: Wo wir aufhören gegen uns selbst zu kämpfen.

Emotionale Erschöpfung bei Frauen
Wie so vieles andere auch sieht emotionale Erschöpfung bei Frauen oft anders aus als es in den Lehrbüchern steht. Wir brechen eben nicht laut zusammen, wir laufen weiter. Oft leisten wir sogar noch mehr. Wir retten andere mit einem Lächeln, während wir innerlich ausbluten. Studien zeigen das immer wieder (Achtung jetzt wirds trockener), zum Beispiel das Maslach Burnout Inventory oder der DAK-Gesundheitsreport: Frauen zeigen häufiger emotionale Erschöpfung. Nicht weil sie schwächer sind sondern weil sie mehr mittragen. Weil sie seltener Grenzen setzen dürfen, ohne dafür bewertet zu werden.
Und weil wir oft glauben, wir müssten erst alles im Griff haben, bevor wir überhaupt um Hilfe bitten dürfen. (Erinnert mich irgendwie an die Frauen die jedesmal panisch die Wohnung putzen bevor die Haushaltshilfe kommt, soll ja nicht so ausschauen wenn die zum Putzen kommt….. ähm ja)
Ich kenne so viele, die sich durch den Alltag schleppen mit einem Lächeln im Gesicht, und niemand merkt, wie viel Kraft das kostet. Das hat nichts mit persönlichem Versagen zu tun. Das ist ein strukturelles Problem. Ein Systemfehler. Einer, der lange nicht benannt wurde.
So viele Frauen stemmen nicht nur ihr eigenes Leben sondern tragen nebenbei auch noch die Verantwortung für die emotionale Stabilität anderer mit. Ohne daß es jemand sieht oder anerkennt.
Je offener wir über emotionale Erschöpfung sprechen, desto eher wird sie als das erkannt was sie ist: Eine Einladung zur Veränderung. Eine Chance, nicht wieder in den alten Trott zu verfallen, sondern einen anderen Umgang mit sich selbst zu finden.
Nicht perfekt, aber ehrlich und lebendig
Und vielleicht ist das schon genug.

Was ich heute anders machen würde?
Ich würde reden.
Nicht mit allen und jedem, aber mit jemandem der einfach zuhört. Ohne Ratschläge, ohne Bewertung.
Ich würde Hilfe suchen. Früher. Coaching, Therapie, Gruppen, irgendwas, Hauptsache: nicht allein mit mir ausmachen, nicht allein bleiben mit dem Gefühl von „Ich hab versagt“.
Und ich würde mich selbst ernster nehmen, nicht als Dramaqueen sondern als Mensch mit echten Bedürfnissen die ich verdammt nochmal auch haben darf.
Weil nur weil ich alles alleine schaffen konnte, heißt das nicht, daß ich es hätte alleine schaffen müssen oder sollen.
Was ich gebraucht hätte?
Jemanden, der mir sagt: „Hey, du bist nicht kaputt, nicht unfähig. Du bist grade einfach nur verdammt erschöpft, und das darf auch so sein.“
Heute bin ich genau so jemand für andere. Und genau deshalb schreibe ich diesen Text.
Denn auch sowas darf sein im Café Ruhepol, sich dort einfach mal aussprechen auch oder gerade wenn es knallt an allen Ecken und Kanten. Es ist nicht immer alles Einhornglitzer und wundervollst im Leben. Wer dir das einredet hat einen Knall oder das falsche Zeug geraucht.
Warum darüber endlich offen gesprochen wird.
Spannend ist: Genau darüber wird inzwischen auch öffentlich diskutiert, nicht nur in Studien, sondern mitten auf LinkedIn.
In einem vielbeachteten Post zum Buch „Wenn die letzte Frau den Raum verlässt“ entstand eine intensive Diskussion: über Genderrollen, emotionale Arbeit, Erschöpfung, Männer, die sich von starken Frauen bedroht fühlen – und über die Frage, wer eigentlich immer für alles mitdenkt, ohne dass es jemand merkt.
Emotionale Erschöpfung ist nicht nur individuell. Sie ist auch strukturell. Und je offener wir darüber sprechen – ohne Scham, ohne Maske – desto eher wird sie als das gesehen, was sie wirklich ist: eine ehrliche Einladung zur Veränderung.
Wie entsteht diese emotionale Erschöpfung und woran erkenne ich sie?
Entstehen tut sie sehr häufig durch Dauerstress, Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit. Dazu kommt noch so ein Gefühl von nicht gut genug zu sein, egal wie sehr wir uns anstrengen.
Wenn dann noch zu wenig Pausen und fehlende echte Verbindungen dazu kommen, tja, wen wunderts wenn du irgendwann nicht mehr kannst.
Erkennen kannst du sie wenn du bei dir bemerkst daß du ständig gereizt reagierst, bei jeder Kleinigkeit. Du dich sozial immer mehr zurückziehst (auch innerlich), du nur noch funktionierst aber nichts mehr spürst. Oder das Gefühl hast, dauernd „neben dir“ zu stehen.
Das alles sind Signale, keine Schwächen!
Du hast gut reden, und jetzt?
Pause machen. Auch wenn´s schwerfällt. Nicht drei Wochen auf Bali (die vermutlich toll wären aber noch mehr Stress), sondern 3 Minuten für dich nehmen.
Die Atemübung von oben machen 5-5-5.
oder
einfach 2-3 Minuten lang die Augen schließen und einfach nur hören was um dich herum passiert. Ohne zu werten, einfach lauschen.
Oder 3 Dinge notieren für die du jetzt gerade dankbar bist, alternativ 3 Dinge die heute einfach geil waren, dürfen auch kleine Dinge sein. Ein Schmetterling, der Vogel der so schön gesungen hat, daß deine Zimmerblume Blüten ansetzt oder daß der Supermarkt deine Lieblingsschoki hatte.

Nicht allein damit bleiben! Reden hilft, schreiben auch. Oder malen, oder einfach atmen ohne sich erklären zu müssen.
Was wenn ich mich dabei doch noch schuldig fühle?
Dann heißt das nur: Du bist gut trainiert im Funktionieren. Aber Selbstführung beginnt dort, wo du aufhörst, gegen dich zu arbeiten.
Erschöpfung ist kein Fehler im System. Sie ist dein eingebauter Weckruf.
Erste-Hilfe-Impuls für den emotionalen Ausnahmezustand
Die Chaos-Minute: Alles darf sein, für 60 Sekunden
Stell dir einen Timer auf genau eine Minute.
Und dann
Lass los. Heul, Schrei, Fluch. Sitz einfach da und sag „Ich weiß grade nicht weiter“.
Nicht wegdrücken, nicht schönreden oder analysieren.
Nur sein, für eine Minute.
Klingt bescheuert, oder? Was soll eine Minute schon ändern?
Aber tatsächlich, diese ehrliche Chaos-Minute wirkt wie ein innerer Reset-Button – sie hilft dir, den Druck rauszunehmen und wieder klarer zu spüren: Was brauche ich JETZT?
🧠 Fun Fact: Studien zeigen, dass emotionale Regulation beginnt, sobald wir uns erlauben, Gefühle bewusst zu durchleben – ohne Drama, ohne Weglaufen. Quelle
SOS-Kompass: Drei Fragen, die dich aus der Überforderungs-Loop holen
Wenn alles zu viel wird, helfen keine To-do-Listen – sondern gute Fragen. Nimm dir einen Zettel und beantworte ehrlich:
- Was würde ich meiner besten Freundin raten, wenn sie in dieser Lage wäre?
- Was ist das eine Ding, das mir heute guttun würde – ganz egal, wie klein?
- Wem könnte ich gerade eine ehrliche Sprachnachricht schicken – ohne Maske?
Warum das funktioniert? Weil dein System aus dem Reaktionsmodus in den Beziehungsmodus wechselt. Und genau da liegt oft die Rettung: Im Miteinander. Nicht im Durchhalten.
Und wenn du wie ich damals meinst gar niemanden zu haben. Funk mich an, sag es in unserer Facebookgruppe oder wenn nix anderes für dich machbar scheint ruf die Telefonseelsorge an.
Ja so bescheuert es klingt, aber da sitzen Menschen die dich einfach mal anhören ohne dich zu be- oder verurteilen.

Mir ging das damals so. Ich hab mich so sehr geschämt für mein „Versagen“.
Wenn ich auf die Idee gekommen wäre damals.
Dabei hätte ich dort alles erzählen können. Die kennen mich ja nicht, die seh ich nie wieder und die haben vielleicht gute Ideen wie man wieder rauskommt aus dem Quark.
„Wo kann ich Hilfe finden?“ – Du musst nicht alles alleine wuppen
Hier ein paar Ideen, wo du dich auffangen lassen darfst:
Offene Gespräche: Eine Freundin, Coachin oder Kollegin, der du wirklich vertraust.
Körperarbeit: Sanfte Bewegung, NeuroArt oder bewusstes Atmen helfen, Spannungen zu regulieren.
Prozessorientierte Gruppen: Wie unser Café Ruhepol – weil gemeinsam loslassen leichter ist.
Impulse von außen: Bücher, Podcasts, kreative Workshops – Hauptsache: raus aus dem Gedankenkarussell.
PS: Es ist keine Schwäche, Hilfe zu brauchen. Es ist radikale Selbstverantwortung.