Ja ich bin sauer, und ich bin mütend.
Nein kein Schreibfehler, ich bin wütend und müde = mütend.
Weil ich irgendwie einen Meme-Krieg nach dem anderen in den Feed gespült bekomme, ein Shitstorm über irgendwas völlig unsinniges nach dem nächsten.
Käsepackungen mit ganz alltäglicher Vielfältigkeit, Züge der DB genauso. Nichts was nicht ständig draußen auf der Straße auch zu sehen wäre, Menschen unterschiedlicher Hautfarben und Herkunft. Menschen halt.
Mütend weil mir das langsam so dermaßen auf die Eierstöcke geht wie wir all unsere Energie für solchen Schwachfug verpulvern und damit keine mehr übrig haben um die wirklichen Probleme zu sehen. Oder die die keinen Bock haben die Lösungen zu bringen.
Wir verheizen uns oder werden verheizt
Wieso lassen wir uns eigentlich ständig verheizen?
Als würde die Welt untergehen weil da ein paar Menschen auf einer Käsepackung abgebildet sind.
Und während wir uns voller Energie über heiße Luft zerfleischen, läuft im Hintergrund die echte Scheiße ab.
Aber wir sind beschäftigt. Mit Käsepackungen, Symbolen und Shitstorms.
Empörung als Volkssport
So kommt es mir langsam vor.
Ein Shitstorm jagt den nächsten, Meme-kriege fluten die Timelines und wir fühlen uns wichtig, weil wir mitbrüllen, da fließt die Energie.
Und das tolle ist, es wird täglich einen neue Kuh durchs Dorf gejagt.
Und es ist doch toll immer zu wissen GEGEN wen man sein kann.
Wir gegen Die da.

Gibt auch super Worte für die „Gegner“: Woke vs konservativ, Alt vs Jung, Frauen vs Männer, Generation (such dir nen Buchstaben aus) vs Generation (anderer Buchstabe), Deutsche vs Migranten…….
Statt miteinander zu reden, Lösungen und Gemeinsamkeiten zu suchen, werfen wir uns nur Etiketten an den Kopf.
Grautöne scheinen ausverkauft zu sein
Zuhören, verstehen wollen offenbar auch.
Was zum Kuckuck steckt da wirklich dahinter?
Es geht nicht um die dämliche Käsepackung. Oder den Zug der DB.
Es geht um Angst.
Angst, nicht mehr dazuzugehören.
Angst, die Welt nicht mehr zu verstehen.
Angst, am Ende als Verlierer:in zurückzubleiben. Diese Angst sehe ich ständig überall, ich verstehe sie nur nicht wirklich.
Wir verlieren. Die anderen gewinnen. Aber wer sind eigentlich „die“?
Dieses Gerede setzt voraus, dass das Leben ein Wettbewerb ist. Ein Rennen, in dem es Gewinner:innen und Verlierer:innen gibt. Aber mal ehrlich: Welches Rennen soll das sein? Und was ist der Preis? Ein bisschen Status? Ein Gefühl, dazuzugehören, bis sich die Regeln wieder ändern?
Die Wahrheit ist: Dieses Rennen ist konstruiert. Es wird uns eingeredet, damit wir weiterlaufen, uns vergleichen, erschöpfen. Damit wir glauben, wir müssten kämpfen, um nicht zurückzubleiben.
Aber: Es gibt kein Zielband, keinen Pokal, keinen Moment, an dem du „gewonnen“ hast. Es gibt nur dich, und wie du dein Leben gestaltest.
Wir können aufhören, gegeneinander zu laufen. Wir können entscheiden, dass es nicht um Sieg oder Niederlage geht – sondern um Sinn, um Verbindung, um Lösungen. Denn wer nicht in einem künstlichen Rennen steckt, kann auch nicht verlieren.
Ein großartiger Blogbeitrag dazu ist zum Beispiel hier von Guido Kühn
Ich weiß ganz genau, diese Ängste sind real. Und ich nehme sie sehr ernst, sie verdienen es auch ernst genommen zu werden.
Aber, und jetzt kommt das echt perfide daran, sie werden benutzt.
Teile und herrsche funktioniert auch 2025 immer noch erschreckend gut.
Solange wir uns im Dauerstreit aufreiben, schauen wir nicht mehr nach oben. Dorthin, wo die sitzen die profitieren: Von den steigenden Mieten, vom Lohndumping, von einem Rentensystem das bröckelt, von den ganzen Subventionen in Industrien wie dem Verbrennerauto daß schon lange keine Zukunft mehr hat, die profitieren von einer Umwelt die verreckt.
Ja sie haben auch keine Ersatzerde wenn diese hier den Bach runter geht, aber mit genug Kohle scheinen sie zu glauben sie betrifft das nicht.
Wir verheizen uns selbst in diesen unsinnigen Kleinkriegen um eine Tüte heiße Luft mit Streuseln und die da oben lachen sich kaputt.

Die Angst ist echt, keine Frage, aber sie sollte uns nicht regieren
„Angst essen Seele auf“ das war nicht nur ein Satz von Rainer Werner Fassbinder, das war ein Film mit Brigitte Mira und El Hedi ben Salem. Schon 1974 zeigte er, wie Angst Beziehungen zerstört und Menschen gegeneinander aufhetzt.
Damals ging es um die Liebe zwischen einer älteren deutschen Frau und einem jüngeren arabischstämmigen Mann, die an den Vorurteilen der Umgebung zu zerbrechen droht.
Ich hab den Film damals als Jugendliche gesehen, in London mit unserer Jugendgruppe. Die englischen Teens haben ihn auf englisch geschaut, für uns gab es die deutschen Untertitel, war irgendwie witzig die Sprachumkehrung.
Wir waren damals alle sehr still, vor allem auch weil die englischen Jugendlichen alle aus der Karibik stammten, also alle dunklere Hautfarbe hatten.
Der Film hat mich geprägt. Weil er gezeigt hat daß Angst wirklich die Seele zerstört, sie steht nicht nur zwischen den Menschen.
Leider hat er heute, 50 Jahre nachdem er herauskam, immer noch nichts von seiner Aktualität verloren.
Angst ist real, Angst vor Altersarmut, vor Einsamkeit, vor steigenden Mieten und davor die eigene Welt nicht mehr zu verstehen.
Aber die Angst sollte uns nicht regieren dürfen.
Sie gehört uns, nicht denen, die sie benutzen um uns gegeneinander zu hetzen.
Die Frage ist nicht wie wir die Angst loswerden, sie lautet wie gehen wir mit ihr um.
Mache ich sie zum Motor für Lösungen, oder lasse ich sie zur Waffe werden, die dann von anderen gegen andere aber auch gegen mich selbst gerichtet wird.
Warum wählen wir dann trotz unserer Angst Parteien die uns schaden?
Oder ist es gerade wegen der Angst?
Die Parteien die am lautesten schreien, die Sicherheit versprechen und immer Sündenböcke vorzeigen können, die nutzen diese Angst aus.
Sie zementieren Strukturen die Menschen klein halten. AfD und CDU/CSU sind sich da ähnlicher als viele wahrhaben wollen. Sie lenken Ängste auf Symbole und „die da“ statt Lösungen zu liefern.

Vielleicht bin ich da merkwürdig, keine Ahnung.
Ich bin in einem konservativen Elternhaus groß geworden, mitten im Erzkonservativen Oberbayern. Für meine Familie war die CSU, teilweise sogar die Republikaner die Partei die gewählt wurde, völlig klar. Das war irgendwie gar keine Frage.
Außer für das schwarze Schaf. Ich konnte schon damals nicht verstehen was so toll dran ist wenn eine Partei nur verspricht daß alles bleibt wie es nie war.
Ich hab nicht aus Protest sondern aus Überzeugung immer SPD, als es sie dann gab auch die Grünen gewählt. Never ever CDU/CSU.
Und heute seh ich wieder, wie viele in alten Mustern bleiben, selbst wenn sie wissen, sie wissen es, daß diese Parteien nicht ihre Interessen vertreten. Das ist kein individuelles Versagen, das ist die Macht von Angst, Zugehörigkeit, Gewohnheit und Vertraut sein.
Angst macht konservativ, Gewohnheit macht blind.
Aus Protest eine Partei zu wählen die absolut gegen meine Werte und Interessen handelt, no komment. „So, jetzt hab ich mir den Arm gebrochen, das hat die Mama jetzt davon“
Raus aus der Angstfalle
Frag dich wenn du sie wieder spürst diese Angst: Wem nützt sie gerade?
Wenn es nicht du bist, atme tief durch und schau genauer hin bevor du lospolterst.
Gehts um ein Symbol, oder um das eigentliche Problem? Ein weiteres Meme ändert gar nichts, andere Strukturen schon.
Achte auf deine Energie. Diskutiere nicht endlos über Belanglosigkeiten wie Käsepackungen oder Fragen die eh nur fiktiv sind. Nimm Themen die dir wirklich wichtig sind und stell da die Fragen die wirklich weh tun.
– Wer profitiert von den steigenden Mieten?
– Wer profitiert vom Lohndumping?
– Wer profitiert davon wenn wir schon wieder abgelenkt werden?
Das sind die Themen für die du deine Energie verwenden solltest, nicht für heiße Luft in Tüten.

Genau das ist auch Propaganda. Nicht nur die plakativen Hetzparolen, sondern auch die subtilen Narrative, die uns tagtäglich begegnen. Emotionalisierung, Vereinfachung, selektive Fakten, endlose Wiederholung , und am Ende die Interessen, die dahinterstehen.
Propaganda lebt 2025 nicht mehr nur auf Wahlplakaten, sie lebt in Shitstorms, in Lobby-Studien, in Meme-Kriegen.
Unsere stärkste Waffe? Kritisches Denken. Fragen wie: Wer profitiert davon, dass ich das glaube? Welche Stimmen fehlen hier? Wer will, dass ich wütend bin?
Ja ich bin sauer, ich bin mütend
Ich hab aber keine Lust in Dauerwut zu leben. Ja sie macht wach, sie frißt aber auch Energie und macht krank. Ich will mit Freude leben, mit Freude kommunizieren, Verbindungen schaffen keine Gegner. Ich will Lösungen suchen, nicht recht haben.
Die Wut zeigt mir wo es weh tut, meine Freude zeigt mir, wo es weitergehen kann. Ich will beides sehen, aber ich entscheide welchen Wolf ich nähre.
Wenn du mehr über meine Werte und meine Haltung wissen willst schau mal in diesen Blogartikel dazu.
Und weil die Diskussion gerade wieder aufkam. Gerade Unternehmen sind meiner Ansicht nach durchaus gefragt Stellung zu beziehen. Haltung nur auf der Website zu haben bringt niemandem was. Ein Hoch auf Milram und die Deutsche Bahn.
Ich hoffe viele andere haben auch den Mumm, vor allem auch den Mumm dabei zu bleiben, auch wenns Gegenwind gibt. Wir lassen uns nicht einschüchtern.

Wütend sein und sich ständig über alles zu empören strengt an. Die Wut als Kraftquelle zu nutzen um etwas zu verändern macht stark.
In diesem Sinne
bis bald wieder
Toni vom Café Ruhepol
100% Zustimmung. Ganz genau das beschäftigt mich auch immer wieder und immer mehr.
Das System aus Kapitalismus und Patriarchat gaukelt uns Mangel vor beziehungsweise sorgt durch extreme Ungleichverteilung dafür. Und dann streiten wir uns um den angeblich zu kleinen Kuchen.
Während die Erde und die Natur im Überfluss Luft, Wasser, Sonnenlicht und Nahrung bereitstellen. Es ist so absurd, dass die Menschheit sich so kaputt hypnotisieren lässt :(
Ja genau das nervt mich auch, einige wenige profitieren massiv davon dass sich der Rest gegeneinander aufbringen lässt.
Also ob sie eine Reserveerde haben auf die sie ausweichen können, wenn wir diese hier kaputt gemacht haben.
Es ist genug für alle da, es ist nur lausig verteilt.
Wir müssen Wege finden das zu ändern, möglichst vor dem nächsten Weltkrieg. Den brauchen wir nämlich wirklich nicht.