Demokratie braucht uns.
Boa das klingt langweilig, schwer, nach Schulstunde und Eliten.
Dabei ist es das gar nicht. Demos = das Volk, die Herrschaft des Volkes.
Das bist du, das bin ich, das sind wir alle (ja Fritze, wir alle, auch wenn wir nicht ins Stadtbild passen sollten).
Und diese schwierig klingende Demokratie, die ist nicht etwas was nur die großen da in Berlin machen. Was uns nur alle paar Jahre mal was angeht, bei den Wahlen.
Demokratie, Achtung, jetzt kommt noch so ein großer Begriff: Freiheitlich, demokratische Grundordnung, das fängt im Kleinen an.
Bei uns daheim.
Dort wo wir aufstehen und was sagen, wenn der/die türkischen Nachbarn beleidigt werden.
Im Betrieb, wenn wir einen Betriebsrat haben, der für uns kämpft.
In den Gewerkschaften, die für uns Tarifverträge erkämpfen.
Demokratie ist überall und geht jede*n von uns an.
Wie entstand unsere Demokratie eigentlich und wann?
Kleine Geschichtslektion, ohne die langweiligen Zahlen und Statistiken.
Deutschland so wie wir es heute kennen, das gibt es ja noch gar nicht so lange.
Der alte Fritz (schon wieder ein Fritz), hat das damalige Preußen militärisch groß und mächtig gemacht, bis Afrika ging Preußen bzw. seine Macht damals.
Ungefähr 100 Jahre später, so um 1871 hat der preußische Kanzler Bismarck daraus das Deutsche Reich gemacht. Das war damals aber noch viel größer als heute.
Da war Deutschland aber immer noch ein Kaiserreich. Nix mit Rechten für das einfache Volk, nur die reichen, adeligen Männer hatten Macht. (ok heute auch teilweise wieder so)
Erst nach dem ersten Weltkrieg, also 1918 zerbrach das Kaiserreich, Deutschland verlor durch den Vertrag von Versailles viele Gebiete. Deutschland war fast in den heutigen Grenzen.
Diese preußischen „Tugenden“ wie Pflicht, Gehorsam und Disziplin, sind ja auch heute noch in vielen Köpfen als wichtigste Tugenden verankert.
Dagegen mussten die demokratischen Bewegungen, die es schon so 1848 gab, natürlich ankämpfen.
Gewerkschaften sind halt nicht gehorsam, sie diskutieren, fordern, streiken…
Demokratische Parteien, die damals auch entstanden sind auch nicht gehorsam.
Auch sie diskutieren, fordern, streiten.
Nach dem 1. WK, als das Kaiserreich den Bach runter ging, entstand erstmals ein demokratisches Deutschland. Die Weimarer Republik.
Die war aber eine ziemlich wackelige Angelegenheit. All die alten Strippenzieher waren noch da und haben verbal permanent gegen diese „linke Spinnerei“ gehetzt.
Sounds familiar?
Es wurden Lügen fabriziert wie die Dolchstoßlegende und so oft wiederholt, bis es viele geglaubt haben.
Diese reichen Strippenzieher haben durch ihre Rhetorik und ihren Populismus geschafft das Volk zu spalten. Alle wollten nach dem Krieg erst mal ihre Ruhe haben.

Hitler und seine Mannen haben das dann noch stärker gemacht. Sie haben Schuldige gesucht und gefunden, Juden, Kommunisten, Intellektuelle, Frauen, Homosexuelle, Kranke…..
Er gab einfache Antworten auf komplexe Probleme.
Wichtig: Er gab Antworten, keine Lösungen!
Sounds familiar?
Und er hat dieses Parlament von innen zerstört. Implodieren lassen.
Erst wurde er 1932 gewählt und zum Reichskanzler ernannt, die etablierten Parteien dachten sie könnten ihn kontrollieren.
Kurz drauf brannte der Reichstag, Hitler hat das ausgenutzt und Notverordnungen erlassen. Kommunisten wurden verhaftet, Opposition verboten, Presse gleichgeschaltet…
Sounds familiar????
Klingt irgendwie wie ne Blaupause für das was heute wieder passiert, oder nicht? In USA ist es schon passiert, bei uns können wir zuschauen wie es sich anbahnt.
1933 hat dann das Parlament, per demokratischer Abstimmung !!! das Ermächtigungsgesetzt verabschiedet, damit durfte er machen was er wollte. Sie haben sich per demokratischer Abstimmung selbst abgeschafft.
Den Rest kennen wir alle.
Einfache Lösungen für komplexe Probleme gibt es leider nicht.
Komplexe Lösungen sind anstrengend und wie der Name sagt, eben nicht einfach.

Ja, das war damals, und heute?
Was kann ich als einzelne*r tun? Das ist viel zu groß für mich.
Du kannst wach sein, mitmachen, reden.
Wenn du siehst, wie jemand ausgegrenzt wird, steh auf und sag was.
Als sie die Kommunisten holten
Als sie die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.
Engagiere dich. Egal ob in einer Partei, bei einer der vielen Vereinigungen (Omas gegen Rechts, Eltern gegen rechts, Väter/Mütter gegen rechts, …..
Geh auf Demos und zeige dass das so nicht geht, nicht mit Asylbewerbern, nicht mit Migranten, nicht mit Frauen, Behinderten, queeren Menschen, Trans*Menschen…. mit niemandem.
Schreibe Posts auf social Media, Kommentiere entsprechende Posts, halte dagegen wenn wieder ausgegrenzt oder gespalten wird.
Wir sind heute auch wieder an diesem Punkt, wo so viele müde sind.
In ihrer Komfortzone bleiben wollen, nur ihre Ruhe haben wollen.
Wo Hass wieder lauter ist als alles andere.
Wo Menschen wegschauen, weil sie glauben es ginge sie ja nichts an.
Diese Demokratie, diese freiheitlich demokratische Grundordnung, die wir mit unserem Grundgesetz haben, die kann jede*r von uns verteidigen.
Indem wir im Betriebsrat mitarbeiten, oder ihm zumindest den Rücken stärken.
Indem wir die Gewerkschaften unterstützen,
Indem wir uns wirklich informieren, nicht nur von der Bild und ähnlichem berieseln lassen.
Indem wir Menschen sehen, nicht Hautfarben, Herkunft oder Sexualität.
Menschen. Keine Zahlen.
Das sind immer Menschen.
Menschen die Bürgergeld beziehen, Menschen denen es richtig dreckig geht, Menschen die vor Krieg und Hunger zu uns geflüchtet sind. MENSCHEN!
Darüber hab ich schon im Beitrag Rassismus in Deutschland geschrieben, auch im Beitrag Fremd in der eigenen Heimat und in Ausländer überrennen uns? Bullshit in Tüten.
Klar geht es in all diesen Beiträgen mehr um Rassismus. Aber ist es nicht egal, wer gerade als Schuldige*r herhalten muss?
Aussagen vom Bundeskanzler, über faule Bürgergeldschmarotzer, Stadtbilder die Probleme sind, die durch viel mehr Rückführungen (wieder so ein Wort das fast Deckungsgleich ist mit dem was Hitler damals gebraucht hat, eben so wie das Stadtbild) gelöst werden können. Solche Aussagen schaffen keine Lösungen, sie sorgen nur für genau die gleiche aufgeheizte, gefährliche und misstrauische Stimmung wie sie damals auch schon geherrscht hat.
Das Problem mit den Stadtbildern sind nicht die Menschen, die nicht in sein Weltbild passen, das Problem ist Armut, Angst, sind Hilfen die gestrichen werden, damit die reichen Menschen in diesem Land noch reichen werden können, sind Mieten die kaum noch bezahlbar sind, das sind viel zu viele Autos, viel zu wenig Grünflächen, viel zu wenige gesicherte Radwege.
Die „Schuldigen“ an diesen Problemen sind weder die Migranten, die Asylbewerber noch die Bürgergeldempfänger. Auch nicht die Rentner die in den Mülltonnen nach Flaschen suchen, oder die Obdachlosen überall.
Das sind die Politiker, die es seit zig Jahren versäumt haben, sich um wirkliche Lösungen zu bemühen. Die anstatt gemeinsam um Lösungen zu ringen „die Grünen und die woken Linken sind schuld“ sagen.
Wirklich gebetsmühlenartig, egal was ist, die Grünen waren schuld. Am Untergang der Titanik waren sie vermutlich auch schuld, und dem Aussterben der Dinos.
Wenn „die da oben“ das nicht gebacken bekommen, dann lass uns hier unten etwas tun.
Aufstehen füreinander, mitmachen.
Die andern, die angeblich nicht ins Stadtbild passen, die sind unsere Nachbarn.
Ist es nicht erst mal scheißegal wer „Schuld“ ist daran was heute alles schief läuft?
Wichtig ist doch eher, wie kriegen wir möglichst schnell die Kuh vom Eis und alles wieder halbwegs in sinnvolle Bahnen?
Und das läuft nur miteinander, nicht gegeneinander.
Ja das ist mühsam, kompliziert, es wird dauern und nicht vom Sofa aus funktionieren.
Wollen wir weiter Demokratie oder einen starken Mann der uns sagt wo es langgeht?
Also ich will den nicht. Never ever.
Wo so einer uns hinführt haben wir schon gesehen.
Können wir gerade jeden Tag live beobachten in USA.

Demokratie stirbt nicht, weil ein Trump laut rumbrüllt.
Sie stirbt weil zu viele andere leise sind.
Sich nicht dagegen stellen.
Wenn in der Firma niemand widerspricht,
wenn Frauen sich wieder nicht mehr trauen Grenzen zu ziehen,
wenn die still bleiben, die sehen, dass da etwas falsch ist.
Demokratie ist kein merkwürdiges, abstraktes System.
Das ist wie ein Muskel, der verkümmert, wenn wir ihn nicht täglich trainieren.
Ja jeden verdammten Tag. Nicht nur wenn grade Wahl ist.
Also los, lass uns laut sein
lass uns sichtbar sein
lass uns unbequem sein
Jeden verdammten Tag.

Ja sowas geht mir massiv gegen meine Werte. Da schaffe ich es nicht mehr, die Klappe zu halten.
Bis nächstes Mal
Toni vom Café Ruhepol