Das kann sich echt keiner Ausdenken. Nein das hier wird kein sachlicher ruhiger Artikel.
Das ist ein richtiger wütender Rant.
Sogar die Bild-Zeitung spricht vom Bosse-Gipfel.
Seine Kanzlerhaftigkeit haben geladen und alle sind sie gekommen die großen Bosse, CEO-Versammlung. Mitte Juli 2025, das Bild hätte aus der Kaiserzeit sein können.
Ca 60 CEO der größten Wirtschaftsunternehmen haben im Kanzleramt getagt, gefordert, geredet und das was Herr Kanzler als „Netzwerken“ betitelt.
Das Abschlußbild sagt schon alles, 60 „alte weiße Männer“ und 2! in Worten zwei Frauen. Ein Gruppenbild mit zwei Damen.
Eine davon Bundesministerin für Wirtschaft, die andere wurde nicht namentlich benannt.
„Made for Germany“. Sorry aber für welches Deutschland macht ihr hier was meine Herren?
Zwei Frauen. Über fünfzig Männer. Und nicht ein Hauch vom Rest unserer Gesellschaft.
Wo sind die anderen? Wo sind die 50 Prozent Frauen? Wo sind Menschen mit anderer Herkunft, anderer Hautfarbe, mit Behinderung, mit anderer Perspektive? Nicht mal als Alibi. Nicht mal als Kulisse. Nicht mal als Feigenblatt für Vielfalt sind sie vorhanden.
Gruppenbild mit zwei Damen oder: Willkommen in 1843
Nur die alten weißen Männer unter sich. Wieder mal. Als wäre das hier ihr Wohnzimmer. Als gehörte ihnen dieses Land. Als ginge es nur um sie.
Und wir anderen? Wir schauen durch die Scheibe, wie Tiere im Zoo. Wie Gorillas, die gegen die Panzerglasscheibe trommeln und nicht verstehen, warum keiner reagiert.
Es macht mich sowas von wütend, ich fühl mich auch traurig und hilflos.
Weil wir da draußen stehen, voller Ideen, voller Erfahrung, voller klarem Blick, und wir wissen: Ich könnte was beitragen. Ich hätte was zu sagen.
Aber der Raum ist besetzt.
Die Mikros schon verteilt.
Die Gesprächsrunde schon entschieden, und keiner von uns war eingeladen.

Im Job war ich selten leise
Ich bin ans Saalmikro in der Betriebsversammlung vor 600 Leuten, grade Anfang 20 war ich damals, und ich hab gesagt was gesagt werden mußte.
Ich hab mir den Raum genommen. Hab mich hingestellt und Klartext geredet. Ich wußte wenn ich den Mund nicht aufmache wird es niemand sagen und der Mißstand geht weiter so.
Ich war in dem Moment nicht charmant, nicht niedlich oder entzückend.
Nicht weil ich so eine Rampensau war, weil es notwendig war.
Aber ganz ehrlich, es ist verdammt anstrengend. Nicht das Reden, quasseln kann ich sowas von. Nicht der Inhalt, sondern das davor.
Dieses „Ich muß jetzt laut werden, sichtbar, mich unbeliebt machen, kämpfen“. Das Herzklopfen hat man mir hoffentlich nicht angemerkt, daß ich schweißnaß war unter der Jacke auch nicht.
Diese Vorleistung die die Männer normalerweise nicht aufbringen müssen. Die reden einfach und werden ernst genommen. Selbstverständlich daß die was sagen.
Einmal, bei Verhandlungen zum Sozialausgleich, ich Betriebsratschefin, stand der Anwalt der Geschäftsleitung vor mir, 190, ein Kleiderschrank von einem Kerl.
Er setzte seine ganze Größe und Kraft ein, brüllte mich an, Präsenz pur.
Damit ich etwas unterschreibe von dem ich wußte es ist FALSCH.
Ich hab nicht unterschrieben, aber ich hab gezittert wie Espenlaub.
Zum einen weil ich aufgrund bestimmter Traumata damit nur sehr schwer umgehen kann (hab ich hier erzählt), zum andern aber auch weil ich trotz allem nicht sicher war, daß ich das durfte. Daß ich bestimmt sein durfte, klar und NEIN sagen.
Nicht weil ich unsicher war, sondern weil ich gegen damals 30 Jahre innerer Dressur und Beschränkungen verstoßen habe.
So spricht man nicht,…. als Frau. Nicht so … laut, so klar, so entschieden und kompromisslos.
drei Frauen und über 50 Männer
Ich kann mir die Gespräche gut vorstellen, wenn da insgesamt 3 Frauen mit mehr als 50 Männern (Platzhirschen) sprechen.
Das war doch kein Dialog, das war ein Clubabend der Big Boys plus drei Frauen.

„Ein echter Dialog bräuchte andere Stimmen, andere Fragen, und den Mut, Macht zu teilen.“
Ich denke schon daß diese drei Frauen viel zu sagen hatten, nur ob sie gehört wurden möchte ich stark bezweifeln. Das Signal was der Kanzler hier sendet ist wieder mal mehr als eindeutig.
Da redet keiner über die Minderheiten, uns Frauen, nicht übers Klima, Teilhabe…
Da redet erst recht keiner mit uns.
Und trotzdem sollen wir brav funktionieren, uns einbringen, die Last überproportional tragen.
Aber bitte leise, nicht zu wütend, anstrengend, emotional, nicht fordernd…. nicht unbequem. Sichtbar, wie Deko, so als Farbtupfer auf dem Bild.

let´s talk about money
Es geht ja nicht nur um Bilder mit Signalwirkung, es geht um all die Entscheidungen die ohne uns getroffen werden. Über unseren Kopf hinweg aber trotzdem über uns und an uns vorbei.
Und das hat seinen Preis
McKinsey, Deloitte, EY – alle haben längst nachgerechnet: Unternehmen mit gemischten Führungsteams sind profitabler, innovativer, resilienter. Nicht weil Frauen bessere Menschen sind, sondern weil Diversität bessere Entscheidungen macht.
Aber wir reden hier nicht nur über Bilanzen.
Sondern über die Welt, in der wir leben.
Und was passiert, wenn immer die Gleichen mit den Gleichen über die Gleichen sprechen?
Dann passiert das hier:
Das ist der Preis, den wir zahlen. Wir Frauen. Aber nicht nur wir, sondern alle, die nie mit am Tisch saßen. Und alle, die den Preis für Fehlentscheidungen tragen, mit ihrer Zeit, ihrer Gesundheit, ihrem Leben.
Ich glaube nicht daß da, in diesen Gesprächen, in diesen Deals, in diesen Plänen über die sie da gesprochen haben die hohen Herren, daß wir da vorkommen.
Daß es da um gerechte Teilhabe ging, um Entlastung (außer der der Steuern für ihre Unternehmen und sich selbst), Vereinbarkeit, Sichtbarkeit, um Lebensrealitäten jenseits von Boni und Bilanzen. Lebensrealitäten wie Kinderbetreuung, Pflegezeiten, Teilzeit-Fallen, Mental Load, Altersarmut….
Es geht nicht um Frauenförderung. Es geht um Zukunftssicherung.
Und um eine schlichte Wahrheit: Ohne uns wird’s nicht besser.
Dieses Bild war nicht nur ein Fototermin.
Es war eine Ansage.
So sieht Macht aus, sagt es.
Männlich. Monoton. Monokulturell.
Und so soll sie auch bleiben, wenn es nach denen geht, die da sitzen.
Aber wir sehen es, wir durchschauen es, und wir schreiben es.
Laut. Deutlich. Immer wieder.

Nicht, weil wir hoffen, dass sie uns irgendwann Platz machen. Sondern weil wir längst anfangen, eigene Räume zu bauen. Eigene Entscheidungen zu treffen. Eigene Wege zu gehen, ohne ihre Genehmigung.
Und vielleicht hört einer mit. Einer, der denkt: Scheiße, sie hat recht. Einer, der merkt: Ich bin Teil des Problems, und könnte Teil der Lösung sein (nein Herr Bundeskanzler, nur weil sie eine Frau HABEN sind sie nicht die Lösung).
Ich schreibe nicht für Applaus. Ich schreibe, weil ich wütend bin. Weil ich traurig bin. Weil ich weiß, wie sich Macht anfühlt, wenn sie immer woanders ist.
Und weil ich diesen Text als Rammbock benutze. Gegen Panzerglas. Bis es splittert.

So, jetzt gehts mir besser. Auch wenn ich das hier vielleicht nur für mich alleine geschrieben habe, das mußte raus.
bis neulich wieder Toni